Weidepartner Schaf

Jedweder Ansatz hier basiert natürlich auf den Laves-Empfehlungen zum Tierschutz bei ganzjähriger und saisonaler Weidehaltung von Schafen, deren Lektüre wir voraussetzen. Bei Bedarf senden wir die pdf-Datai gerne zu.

 

Vorbemerkung:

 

Beweidungsstrategien sind natürlich immer abhängig von den zur Verfügung stehenden Flächen und der Anzahl der Tiere, welche versorgt sein wollen.

Wie auch immer ist jedenfalles eine Überweidung zu vermeiden, da Gräser bei zu tiefem Verbiß (sog. Diätweide!) durchaus auch mit Abwehrmechanismen (Trypsin-Inhibitoren) reagieren können. Man denke hierbei an die Wanderung der Lemminge bei Überpopulation. Zugegeben eine steile Hypothese, aber nicht von der Hand zu weisen*.

*Seldal et al. 1994

Darüberhinaus kennen wir die Parameter, die einzuplanen sind:

Fruktanwerte sind abhänging von Feuchtigkeit und Sonneneinstrahlung (Photosynthese), Gräserwachstum von Temperatur und Feuchtigkeit. Ab 4-6°C beginnen diese zu wachsen, ab 11°C  tritt annähernd eine Verarbeitung der Photosyntheseassimilate zu Gerüstsubstanz etc. ein. Auch verlagern Gräser Nährstoffe zur Vegetationsruhe in den Wurzelbereich, der Futterwert sinkt.

Daraus ergeben sich die Weidezeiten für unsere Pferde. Somit werden diese Flächen i.d.R. von Ende der Eisheiligen bis in den Oktober genutzt auch wenn zum Spätsommer/Herbst Gräser Wachstum aufzeigen. Die Kombination aus Sonneneinstrahlung mit bereits kalten Nächten generiert zu hohe Fruktanwerte auf welche Pferde empfindlich reagieren können (Hufrehe!)

Zusätzlich zu permanenter, wöchentlicher Kotentnahme stehen dann weitere Arbeiten an:

Gallstellen, gemiedene Pflanzen,  überständiger Bewuchs nebst eingewanderten Büschen und Bäumen, Narbenverletzungen etc. sind in Arbeit zu nehmen.

Natürlich kann man auch mulchen, aber diese mechanische Bearbeitungsform belastet auch die dort lebenden Kleintiere, wie beispielsweise Eidechsen, Laufkäfer und Heupferdchen.

 

Daraus sind wir auf der Suche nach Alternativen hierfür und prüfen die Aufnahme von Schafen, allerdings:

 

Anpassungserfordernisse:

Bei einer Beweidung mit Pferd und Schaf im Wechsel, gilt es zu vermeiden, dass eine Übertragung bestimmter Endoparasiten (Trichostrongylus axei - s.u.2.) stattfindet.  Durch Kotproben und gezielte Entwurmung über Jahre haben wir "wurmfreie" Pferde, deren einzige Infektionsquelle die Moosmilbe als Träger der Bandwurmfinnen ist, die turnusgemäß 2x im Jahr medikamentös behandelt wird.

Um diesen Status auch bei Schafen anzustreben, gehen wir mal ins Detail. Hauptsächlich geht es um

 

Lungenwürmer:

Wir unterscheiden in

-Dictyocaulus filaria (1.), den großen Lungenwurm der kleinen Wiederkäuer und

-Protostrongyliden (2.), die kleinen Lungenwürmer.

 

1. Adulte Dictocauli besiedeln die mittleren und große Bronchien und Trachea der Schafe, legen dort embryonierte Eier ab, welche abgeschluckt im Darm schlüpfen (L1) und mit dem Kot ausgeschieden werden. Je nach Temperatur dauert die Weiterentwicklung zu L3 wenige Tage bis einige Wochen bei geringer Tenazität.

Nach Aufnahme bei der Beweidung, wandert L3 über Blut und Lymphe in die Lunge ein und besiedelt die regionären Lymphknoten. Nach Häutung zu L4 führt der Weg aus den Lungenkapillaren in die Alveolen und häutet dort zu L5, die in den kleinen Bronchien innerhalb 2 Wochen Geschlechtsreife erlangt. Es wird von einer Präpatenz von 3 bis 5 Wochen ausgegangen.

 

Somit wird deutlich, dass mit steigender Generationenzahl aus, auch geringer anfänglicher Weidekontamination, eine zunehmende Flächenbelastung innerhalb einer Weidesaison entsteht.

 

 

2. Die div. Erreger der kleinen Lungenwürmer besiedeln als Adulte ( 0,5-0,9cm lange, weißliche haardünne Rundwürmer) die mittleren und kleinen Bronchien und z.T. auch die Alveolen. Die Weibchen legen embryonierte Eier an, in denen sich L1 entwickelt, schlüpft und über die Trachea in den Pharynx wandert, wo sie entweder ausgehustet oder abgeschluckt wird. Nach Darmpassage und Ausscheidung bohrt sich L1 aktiv in ihren Zwischenwirt, jede Nackt- oder Gehäuseschnecke. Innerhalb einiger Wochen entwickeln sich im Zwischenwirt L2 und infektiöse L3.

Nach Aufnahme durch das Wirtstier bohrt sich L3 vor allem im Dickdarm in die Darmwand ein. In den Mesenteriallymphknoten erfolgt Häutung zu L4, welche über den Ductus thoracius zum Herzen und über die Pulmonalarterie in die Lunge gelangt. Nach dem Ausbohren in die Alveolen kommt es nach ca. 4-9 Wochen zur Bildung von Brutherden und Wurmknoten.

 

Weideruhe unter Frost, würde die Larven der großen Lungenwürmer auf der Fläche reduzieren. Bei den kleinen Lungenwürmern erzielt dies auf Grund ihrer Entwicklung im Zwischenwirt keinen Effekt. Damit sind wir bei Kotproben und systematischer Entwurmung der Schafe, bevor sie als Weidepartner auftreten können.

 

 

Wolfssicherheit:

Schafe sind  angreifbarer durch unseren Wolf, als ausgewachsene Hengste. Dies bedeutet eine erweitere Weidesicherung, Neuland für uns, aber interessante Aufgabe.

Es gilt Hütesicherheit innenseitig und nach außen eine Abwehr zu schaffen, die vor jeglichem Eindringen schützt: Übersprung und Untergraben sind mit geeigneten Maßnahmen zu unterbinden, ebenso ein Durchbruch der Schafe, die in Fluchtbewegung versetzt werden.

Die zur Verfügung stehenden Produkte zur Schafhütung sind entwickelt worden, als noch kein Wolf in Sicht war und sind zugeschnitten auf den mobilen Einsatz, um Schafe einzuhüten: Weidezaungerät mit Batterie, kurze, wieder entnehmbare Erdungspfähle, Hütesicherheit durch Weidezaun ohne nennenswerte Bodenverankerung bzw. Eckstabilisierung des Zaunes.....

Freilandinstallationen müssen sich immer am "worst case" orientieren:

Wenn nach 20cm Schnee der Ostwind bläst, die Temperatur über Nacht gegen minus 20°C geht  und danach Tauwetter oder Dauerregen alles triefen läßt, rächt sich jede Nachlässigkeit. Tränkwasser ist tiefgefroren, der Untergrund wird zu Matsch, die Batterie permanent leergelutscht und dann steht da ein Wolf.

 

In der Hengsthaltung ist per se Zaunhöhe von 1,6m vorgeschrieben und unsere Anlage braucht auch nicht mobil ausgeführt zu werden, sie ist reines Übergangsquartier von Mitte Oktober bis in den Februar/März.

Daraus setzten wir Pfähle ein, an die innenseitig schafsgerecht bis 1,2 Meter ein entsprechender Schafszaun montiert wird und oberhalb* mehrzügig Litze unter Spannung von 9kV. Hierzu wird der Altbestand an Maschendraht* innenseitig an den Zaunpfählen befestigt und mit Totholzschichtung davor an der Außenseite, welche eine Benjeshecke begründen, vor Untergrabung geschützt. Alternativ böte sich hier auch die Brandenburger Schichtholzhecke mit breiterem Totholzstreifen und vorgelagerter Wildkräutereinsaat an.

*Maschendraht ist bei horntragenden Schafen einem Knotengitterzaun vorzuziehen, welcher das Risiko birgt, dass sich ein Tier darin festhakt. Ebenso sind Litzen oder Drähte bei Hornträgern ab entsprechender Höhe zu montieren, da sie von den Schafen nicht gesehen werden, ein Festhaken vermieden werden muss.

 

Unterstand und Futterstation:

Brennt die Sonne, fliegen die Kriebelmücken oder Bremsen an, zieht sich auch Schaf in einen Unterstand zurück.

Desweiteren müssen Schafe auch eine Möglichkeit haben, sich trocken zu stellen, damit keine sog. Moderhinke entsteht. Auch brauchen gebährende Schafe Schutzraum, damit die Lämmer nicht im Freien zur Welt kommen.

 

6 Pfähle tragen den Spriegel inkl. Plane eines ausgemusterten Pferdeanhängers der Holz-Plane-Generation, womit mit wenig Aufwand und geringsten Kosten trockene Zuführung eines Runballens realisiert wird. Befüllung von der Hinterseite und Schafzutritt über die schmale Öffnung.

 

 

 

Schafgerechte Futterversorgung:

 

Eine späte Nachbeweidung auf Fläche bedeutet auch, dass der Futterwert auf dem Grünland zunehmend abnimmt. Schafe sind im Ggs. zu Pferden Wiederkäuer, welche grundsätzlich als bessere Futterverwerter auch mit karger Kost zurecht kommen, allerdings muss hier der abnehmende Futterwert dennoch mit eingerechnet werden.

Zu unterscheiden ist grundsätzlich, ob ausgewachsene Tiere versorgt werden müssen, oder trächtige, bzw. laktierende Mutterschafe, aber auch Lämmer im Wachstum. Hier focussieren wir insbesondere auf Mutterschafe, welche gerade in den Wintermonaten von Oktober bis März in der Trächtigkeit einen gesteigerten Bedarf haben.

Die "Gruber Tabellen" und auch die "Ernährung landwirtschaftlicher Nutztiere" von Drochner u.a. - s. Literaturverzeichnis - steuern hier ausführliche Informationen bei.

Geprüft wird derzeit auch eine übergangsweise geringe Zufütterung in Form von blatt-tragendem Astwerk der spätblühenden Traubenkirsche, welche als Neophyt aus den Wäldern durchaus entnommen werden sollte. 

Erste Beobachtungen zeigen, dass bei Zufütterung noch grünerer Futteranteile NICHT weniger von der Fläche aus dem überständigen Grasbestand entnommen wird, die Reinigungsleistung wird dennoch erzielt, da die Schafe zwischen Blattwerk und Grünlandbewuchs pendeln, der karge Bewuchs aber mit gehaltvollerem Futter ergänzt wird. Allerdings ist hier mengenmäßig bei den Früchten Vorsicht geboten, da ein zu hoher Anteil an leichtverdaulichen Kohlenhydraten ohne entsprechende Zufuhr von Rohfaser zu Tympanie bzw. Pansenazidose führen könnten - vgl. Frühjahrsausfälle beim Rehwild. Daraus sollte man auch keine Unterweidung  in Obstbaumplantagen durchführen, wenn dort Übermengen an Fallobst den Schafen zugänglich ist.

Außerhalb der Vegetationsperiode sollten dann nach o.g. Fachdaten schon standarmäßig

3kg Heu TM + Stroh + 300 g Getreide / Tier und Tag zugefüttert werden.

 

Eine Zufütterung von Heu, portionsweise oder im Ballen, bedarf einer Sicherung gegen Durchfeuchtung des Futters, um Keimwachstum zu vermeiden. Hierzu planen wir s.o. eine Futterstation......

 

Nebeneffekte:

-Nach Jurkschat (2021) wird eine Feldmauspopulation durch den Tritt der Schafe nachweislich unterdrückt.

 Vermutet wird, dass hier auch Kot und Harn der Schafe vergrämend wirken.

- Harn und Kot enthalten in Abhängigkeit der Supplementierung der Schafe Mineralien,

  eigenständige Stickstoffverbindungen, Phosphate, Kalium- und Kalziumsalze, sowie Hormone, Enzyme und

  Bakterien (Dr. J. Bischoff, LLG - 2022), welche im Ggs. zu Pferdekot auf der Fläche verbleiben und zur

  Bildung von Proteinen und Nukleinsäuren im nachfolgenden Bewuchs beitragen.

 

Nachdenkenswert wäre ein mobiler Einsatz von Schafen auf abgeernteten Ackerflächen. Z.B. der Maiszünsler überwintert in der Stoppel.